Normalerweise wurde einem Phönixprinzen ja zumindest ein Assassine als Leibwache mitgegeben, aber bei seiner Aufgabe hatte Thanar ausdrücklich darauf verzichtet. Schließlich hoffte er darauf, dass ihm das später angerechnet werden sollte. Natürlich durfte er dann gleich noch für den Großwesir den Geheimdienst vor Ort testen, indem er zivil in einem normalen Passagierflugzeug anreiste, das von Diyarasu kommend mit der üblichen Traube aus renzianischen Touristen, Drogenkurieren und Verbrecherbonzen wie Konzernsekretären und Verwaltungsbeamten an einem der vielen Gates abgefertigt wurde. Dennoch machte er sich wenig vor, dabei nicht aufzufallen. Schließlich waren die modernen al-banabis großteils "schön" gezüchtet durch die Auswahl attraktiver Partnerinnen durch jene Prinzen, die eben nicht an Schaltstellen der Macht gelangten, sondern als Reserve und mittlere Verwaltung in der Schwebe landeten. Personen wie sein Vater und Großvater. Sein Verwandtschaftsgrad mit dem aktuellen Ashantir war irgendwo vier Generationen zurück zu finden. Es galt die gesunde Regel, niemanden zu heiraten, deren Verwandtschaftsverhältnisse man zu genau kannte. Nicht dass er sich ausmalte, eine seiner entfernten Cousinen oder Cousins zu heiraten (Das Ehe"limit" liegt bei fünf Personen, die aus völlig unterschiedlichen Gründen zusammen leben konnten), und soweit er im Bilde war, hatte er auch nie mit einer Person bei den Gottesdiensten Verkehr gehabt, die aus seiner Familie kam.
Al-Banabi, Thanar.
gab er dem Zollbeamten zu verstehen, während er seinen Pass herüberreichte. Er streifte den Blick des Beamten nur flüchtig, um diesem keinen Hinweis zu geben, dass er seine Reaktion beachtete. Zwar war Thanar nicht wie Absolventen der Akademie geschult, die zielgerichtet für die neuralgischen Operationen der Diplomatie eingesetzt wurden, aber die unauffälligere Schulung an der Akademie hatte er schon hinter sich. Nicht umsonst lehrte man dort die grobe Kunst der Mustererkennung. Auch wenn die tieferen Lehrgänge der Fraktion selbst vorbehalten waren. Angeblich waren über neunzig Prozent bestimmter Menschen, die eine Kultur, Religion oder sonstige Sozialisation teilten, durch bestimmte Muster genau zu interpretieren und zu lenken, aber das kam Thanar zu simpel vor.
Student
beantwortete er die nächste Frage.
Familiäre Gründe.
Das war theoretisch richtig, aber er wollte auch hier in der Schlange keinen Aufriss veranstalten, nur weil er im Auftrag des Großwesirs irgendsoeine sicher absolut langweilige Krönung besuchte. Seine Recherchen in den Archiven hatten jedenfalls immer staubtrockene Veranstaltungen mit diplomatischen Fallbeilen zu Tage gefördert. Also nichts, dem er sich nicht gewachsen fühlte. Sonst würde er nicht narrative Psychologie studieren. Da ging es nicht darum, Menschen in Muster zu pressen, sondern sie daraus zu lösen. Auch wenn der Sufi der Akademie so blödsinnig süffisant in jeder Vorlesung grinste.
Oh, entschuldigen Sie bitte.
So ganz aus Versehen rempelte er beim Verlassen der Wartehalle mit seinem leichten Gepäck einen anderen an, damit er als ungeschickter Tölpel in Erinnerung blieb. Dabei passte er seinen Sprachduktus weiter der renzianischen Aussprache der Landeszunge an. Akzentfreies Sprechen war viel zu langweilig. Er wurde ja auch deswegen ausgewählt, weil er seinen Fremdsprachenkatalog mit regionalen Akzenten einfärben konnte, damit die Einheimischen die üblichen Stereotypen anwendeten. Zumindest in der Hinsicht ergab die seltsame Mustertheorie Sinn. Er nickte einem Taschendieb zu und zeigte ihm ein warnendes Grinsen, seinen Trick nicht bei ihm auszuprobieren und schlenderte dann auf Umwegen zur nächsten Bushaltestelle, um Richtung Hotel zu fahren.